Interview


Komponiere die steinigen Massen am Eingang / Vervollständige Deine Anlage mit einer Geisterwand.
(aus Marion Poschmann, Lyrikband: Geliehene Landschaften)

Im Dialog mit den Musikern

Wie entsteht eine Videoinstallation?

Hans Eberle:

Die Idee zu einer Videoinstallation entsteht bei mir aus dem Moment. Das Video „Das Modell“ ist ein gutes Beispiel: dazu kam mir die Idee beim Warten auf den Zahnarzt im Behandlungsstuhl. Mich faszinierte der Anblick der „Marter“-Instrumente auf der Zahnarztablage. Als Patient habe ich also zwei Minuten mit meiner Videokamera auf den Zahnarzt-Ablagetisch draufgehalten. In der Installation sieht man mein Gebiss als Gipsmodell, dort fehlt auch schon ein Zahn. In dem Video ist alles drin: die Vergänglichkeit durch den fehlenden Zahn, die Angst des Patienten. Und gleichzeitig hört man dann im Hintergrund den Türöffner der Praxis surren und auch die Arzthelferinnen kichern. Das Video heißt jetzt eben „Das Modell“, da ist das ganze Leben drin.

Wie sieht der musikalische Prozess aus?

Katharina Müller:

Der Hans kommt mit Ideen eines neuen Stückes und spielt sie uns auf einem Instrument vor. Wir arbeiten dann gemeinsam das Stück aus und wenn es uns in Dynamik, Harmonik und Stimmung gefällt, frieren wir sozusagen diese Form ein und üben ab da, das Stück perfekt zu bringen. Die Intuitionslücke ist groß, alles ist offen, alles ist erlaubt. Für uns vier ist es interessant, wie der einzelne auf die Musik reagiert und was sie bei den anderen wach ruft. Jeder von uns schreibt sich dann das auf, was man für die persönliche Erinnerung dazu braucht.

Wie werden Musik und Videoinstallation zusammengeführt?

Bernhard Breitung:

Musik und Video entstehen unabhängig voneinander. Die Videoinstallationen kommen alle vom Hans. Aber erst wenn uns ganz klar ist, wie die Musik aussieht, dann kommen auch diese Bilder dazu. Dadurch entstehen sehr interessante Reibungspunkte oder neue Aspekte, die wir oft vorher selbst noch nicht im Blick haben. Es ist immer auch Offenheit und viel Zufall im Spiel. Wir versuchen schon, die Themen, die in Bild und Ton zusammenfallen, auch so zu planen. Wir nennen das dann „abkochen“, also memorisieren. Das machen wir, wenn wir überzeugt sind, dass etwas gut zusammen passt. Und der Einzelne bringt auch seine ganz eigene Färbung in die Musik ein. 

Was ist das Besondere an Eurem Zusammenspiel und Eurer Kunst?

Bettina Wojtalla:

Verzauberung ist so eine Reaktion, die wir immer wieder wahrnehmen. Das passiert uns selbst, dass wir uns begeistern lassen von unserer Kunst. Und es passiert meistens ganz am Anfang, wenn wir die ersten Male ein Stück zusammen spielen. Und dann freuen wir uns, wenn wir unser Publikum anstecken mit dieser Begeisterung über das, was da gerade oder aus dem Moment heraus geschieht. Wir wollen ganz klar keine Hörgewohnheiten erfüllen, wir haben die Freiheit, uns auf unsere Stimmung einzustellen. Da hilft es natürlich sehr, dass wir klassisch ausgebildete Musiker sind. Wir spielen nicht irgendwelche Muster, sondern wir haben die Freiheit, uns auf einzelne Aspekte einzustellen und unseren ganz eigenen Sound zu spielen. Wir sind sehr offen und entwickeln die Themen einzeln und als Gemeinschaftsprodukt.